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EuGH-Verfahren zur umsatzsteuerlichen Organschaft bleibt spannend

Veröffentlichung der Schlussanträge des Generalanwaltes Rantos

Ausgangslage

Eine umsatzsteuerliche Organschaft liegt immer dann vor, wenn ein Unternehmen nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in ein anderes Unternehmen eingegliedert ist. Entsprechend der derzeitig in Deutschland geltenden Auffassung der umsatzsteuerlichen Organschaft sind Umsätze innerhalb der Organschaft, sog. Innenumsätze, nicht steuerbar.

Hintergrund dessen ist, dass die in die Organschaft eingegliederten Organgesellschaften als unselbstständig anzusehen sind. Als umsatzsteuerlicher Unternehmer gilt nur der Organträger.

Diese deutsche Auffassung der umsatzsteuerlichen Organschaft könnte jedoch mit dem höherrangigen Unionsrecht nicht vereinbar sein und sich daher in Zukunft ändern.

EuGH-Verfahren

Vor dem Hintergrund der möglichen Unvereinbarkeit mit dem Unionsrecht legte der Bundesfinanzhof (BFH) dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) mit seinem Beschluss vom 26. Januar 2023 nochmals Fragen zur unionsrechtskonformen Ausgestaltung der umsatzsteuerlichen Organschaft vor (BFH-Beschluss v. 26.01.2023 - V R 20/22).

Die erste Vorlagefrage zielte dabei darauf ab, ob die Umsätze innerhalb einer umsatzsteuerlichen Organschaft der Umsatzbesteuerung zu unterwerfen sind. Des Weiteren legte der BFH dem EuGH die Frage vor, ob die Umsätze innerhalb der Organschaft zumindest dann als umsatzsteuerbar anzusehen sind, wenn der Leistungsempfänger nicht bzw. nur zum Teil zum Vorsteuerabzug berechtig ist, da ansonsten die Gefahr von Steuerverlusten bestehen kann.

Sofern der EuGH die Nichtsteuerbarkeit der Innenumsätze bei der Organschaft ablehnt, wäre die Unselbstständigkeit der Organgesellschaften aus der nationalen Regelung gem. § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG dahingehend anzuwenden, dass der Organträger die Umsätze der Organgesellschaften weiterhin miterklärt und diese der Umsatzsteuer zu unterwerfen hat. Dies würde jedoch in diesem Fall ebenfalls für die Umsätze innerhalb der Organschaft gelten.

Daraus würde eine erhebliche umsatzsteuerliche Mehrbelastung für die Organschaft resultieren, da sämtliche Leistungsbeziehungen innerhalb der Organschaft der Umsatzsteuer zu unterwerfen wären.

Dies wäre insbesondere für Unternehmen problematisch, welche aufgrund von steuerfreien Ausgangsumsätzen nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sind. Für diese Unternehmen kann die Steuerbarkeit der Innenumsätze zu einer erheblichen finanziellen Mehrbelastung führen.

EuGH-Verfahren auf der Zielgeraden – die Schlussanträge liegen vor

Zuletzt präsentierte der EuGH-Generalanwalt Athanasios Rantos am 16. Mai 2024 seine Schlussanträge. Entsprechend dem Generalanwalt ist die unionsrechtliche Vorschrift so auszulegen, dass entgeltliche Leistungen zwischen Personen, welche rechtlich unabhängig und durch eine gegenseitige finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Verflechtung eng miteinander verbunden sind (Organschaft), nicht in den Anwendungsbereich der Mehrwertsteuer (dt.: Umsatzsteuer) fallen. Dies gelte entsprechend der Schlussanträge gleichermaßen, wenn der Leistungsempfänger nicht oder nur teilweise zum Vorsteuerabzug berechtigt ist.

Entsprechend den Aussagen des Generalanwalts Rantos ist eine abweichende Auffassung, also die Steuerbarkeit der Innenumsätze, weder mit dem Wesen der Organschaft mit dem Organträger als einzigen Steuerpflichtigen noch mit der ständigen Rechtsprechung des EuGH vereinbar. Daraus folgt, dass Innenumsätze einer umsatzsteuerlichen Organschaft gemäß dem Generalanwalt nicht steuerbar und folglich nicht der Umsatzsteuer zu unterwerfen sind.

Die Schlussanträge entsprechen damit der bisherigen deutschen Rechtsauffassung des § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG. Von Bedeutung ist jedoch, dass die Schlussanträge keine Bindungswirkung für die Entscheidung des EuGH haben.

Ausblick – die Entscheidung des EuGH steht noch aus

Zum jetzigen Zeitpunkt bleibt es abzuwarten, inwiefern der EuGH in seinem Urteil die Einschätzung des Generalanwaltes teilt. Sofern der EuGH der Auffassung des Generalstaatsanwaltes folgt, bleibt die Vorteilhaftigkeit der umsatzsteuerlichen Organschaft gewahrt, sodass für Konzerne weiterhin die Ausgestaltung als umsatzsteuerliche Organschaft steuerliche Vorteile mit sich bringen kann.

Für Fragen zur umsatzsteuerlichen Organschaft und der Entwicklung des EuGH-Verfahren können Sie uns jederzeit gerne ansprechen. Jetzt Kontakt aufnehmen!