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Tarifwerk und Refinanzierung in der Eingliederungshilfe

Hinweise rund um die Einführung

Steigerung der Attraktivität als Arbeitgeber durch Anwendung von Tarif

Spätestens nach der Reform des Rechts der Eingliederungshilfe durch das Bundesteilhabegesetz ist klar:

Die Bezahlung tariflich vereinbarter Vergütungen sowie entsprechender Vergütungen nach kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen kann vom Leistungsträger nicht als unwirtschaftlich abgelehnt werden, § 124 SGB IX.

Die Entlohnung der Mitarbeitenden in Anlehnung an ein Tarifwerk kann mithin die Attraktivität des Arbeitgebers deutlich steigern. Dennoch müssen nicht alle Regelung des Tarifwerks angewandt werden; es kann z. B. eine andere Arbeitszeit oder Anzahl der Urlaubstage gewählt werden. Nicht selten werden auch die Bestimmungen über Sonderzahlungen oder über eine zusätzliche Altersversorgung von der Anwendung ausgenommen.

Diese Entscheidungen entfalten daher nicht nur Wirkung auf die Höhe der Entlohnung gegenüber den Mitarbeitenden, sondern auch und nicht zuletzt auf die Parameter der Leistungsvereinbarung. So führt bspw. eine Änderung der Wochenarbeitszeit zu einer Anpassung der zur Verfügung stehende Nettojahresarbeitszeit und damit zu einer Änderung der Personalstellen. Diese Zusammenhänge erfordern es, frühzeitig die Auswirkungen auf die Leistungs- und die Vergütungsvereinbarung zu prüfen und in der Regel auch beide mit dem Leistungsträger neu zu verhandeln.

Daher empfehlen wir dringend, die Anwendung von Tarif oder AVR erst umzusetzen, wenn diese über die Vereinbarungen mit dem Leistungsträger auch refinanziert ist.

Denn die Verhandlungen mit dem Leistungsträger können grundsätzlich langwierig sein und die Liquidität über diesen Zeitraum in die Knie gehen. Zur Einführung eines Tarifwerks wird es außerdem einer Anpassung der Arbeitsverträge bedürfen, für die regelmäßig eine Übereinkunft mit den Mitarbeitenden zu erzielen ist. Ob anderweitige Möglichkeiten der Umsetzung bestehen, muss in jedem Einzelfall unter Berücksichtigung der bei dem Arbeitgeber geltenden Arbeitsrechtsregelungen geprüft werden.  

Übrigens: Auch wenn die gesetzlichen Regelungen in der Kinder- und Jugendhilfe (SGB VIII) dies nicht ausdrücklich vorsehen, gilt das Vorstehende dort gleichermaßen.

Refinanzierung außertariflicher Geschäftsführergehälter

Bei dieser Gelegenheit möchten wir auch auf eine Entscheidung der Schiedsstelle in Schleswig-Holstein hinweisen, die über die Anwendung von Tarif hinaus Refinanzierung außertariflicher Geschäftsführer- und Vorstandsgehälter über den Vergütungssatz bejaht hat.

Tarifvertragliche Regelungen stünden der Refinanzierung außertariflicher Geschäftsführer- oder Vorstandsgehälter nicht entgegen. Ferner sei im konkreten Fall die wirtschaftliche Angemessenheit des Gehalts durch eine durch Curacon angefertigte und von dem Leistungserbringer vorgelegte Gehaltstudie (Benchmarking) nachvollziehbar nachgewiesen.

Die Anwendung von Tarif oder AVR erhöht die Arbeitgeberattraktivität und bietet Gestaltungsspielraum. Die Refinanzierung von außertariflichen Gehältern sollte darüber hinaus bei den Verhandlungen mit den Leistungsträgern nicht vorschnell aufgegeben werden. Gerne stehen wir Ihnen beratend zur Seite. Jetzt Kontakt aufnehmen!