Neuigkeiten

Tax-Compliance-Management-Systeme

Relevanz

Die gesetzlichen Vertreter eines Unternehmens werden täglich mit diversen steuerlichen Risiken konfrontiert. Sie sind insbesondere dafür verantwortlich sicherzustellen, dass die steuerlichen und steuerstrafrechtlichen Regelungen für das Unternehmen eingehalten werden. Um die Steuerrisiken für das Unternehmen und die jeweils Verantwortlichen zu minimieren kann ein Tax-Compliance-Management-System (TCMS) eingeführt werden.

Was versteht man unter einem Tax-Compliance-Management-System?

Compliance wird definiert als die Einhaltung von gesetzlichen Bestimmungen und unternehmensinternen Richtlinien. Ein Compliance-Management-System (CMS) beinhaltet Grundsätze und Maßnahmen, die von der verantwortlichen Leitung in Form von Prozessen und Strukturen eingeführt werden. Die Grundsätze und Maßnahmen zielen auf die Sicherstellung von regelkonformem Verhalten der gesetzlichen Vertretung und der Mitarbeitenden des Unternehmens sowie ggf. von Dritten ab. Ziel eines CMS ist es, die Einhaltung bestimmter Regeln und somit die Verhinderung von wesentlichen Regelverstößen zu gewährleisten.
Ein Tax-Compliance-Management-System (TCMS) beschränkt sich als abgegrenzter Teilbereich eines CMS auf die steuerlichen Pflichten und dient dazu, dass diese vollständig und termingerecht erfüllt werden. Mit einem TCMS soll sichergestellt werden, dass alle steuerlichen und steuerstrafrechtlichen Regelungen, die für das Unternehmen bzw. den Konzern gelten, eingehalten werden. Die Finanzverwaltung definiert ein TCMS als System, das zur Einhaltung und Erfüllung von steuerlichen Pflichten implementiert wird und den Steuerpflichtigen zu einer getreueren Einhaltung der Steuergesetze motivieren soll.
Die Verantwortung zur Einführung eines funktionierenden TCMS liegt bei der gesetzlichen Vertretung des Unternehmens. Teil dieser Verantwortung ist, zu organisieren, dass geeignete Personen die TCMS-Beschreibung erstellen. Dabei kann es sich beispielsweise um die Leitung der Steuerabteilung oder aber um externe Dritte handeln. Eine TCMS-Beschreibung beinhaltet unter Berücksichtigung der angewandten TCMS-Grundsätze eine Darstellung sämtlicher Grundelemente eines TCMS.
Ein TCMS ist für Zwecke der Prüfung durch Betriebs- oder Wirtschaftsprüfer von anderen Teilbereichen des CMS abzugrenzen sowie eindeutig und klar zu definieren. Dies erfolgt insbesondere mit Blick auf die einbezogenen Steuerrechtsordnungen, Steuerarten, rechtlichen Einheiten und Betriebsstätten. Ein TCMS sollte nicht auf die Steuerabteilung beschränkt werden, sondern umfasst auch Verantwortlichkeiten von Mitarbeitenden anderer Abteilungen, sowie von Externen, wie Wirtschaftsprüfern oder Steuerberatern.
Die Ausgestaltung eines TCMS hängt von verschiedenen Faktoren ab. Dazu zählen etwa der Geltungsbereich des TCMS, die festgelegten TCMS-Ziele, die Größe des Unternehmens oder Konzerns, Art und Umfang der Geschäftstätigkeit und die Branche. Des Weiteren kann das TCMS auch vom Kundenkreis, dem Grad der Automatisierung der Prozessabläufe oder der Delegation von Aufgaben an Externe des Unternehmens abhängen.

Was sind die Ziele eines TCMS?

Ein TCMS soll Unternehmen dabei helfen, die relevanten Steuergesetze und -vorschriften einzuhalten. Es soll sicherstellen, dass alle steuerlichen Anforderungen erfüllt werden und finanzielle, politische und strafrechtlichen Risiken für das Unternehmen und die handelnden Personen durch einen Kontrollprozess vermieden bzw. begrenzt werden. Finanzielle Risiken können sich in Form von Säumnis- oder Verspätungszuschlägen bei etwaigen Verstößen gegen gesetzliche Fristen ergeben, zum Beispiel bei der Nichtabgabe oder der verspäteten Abgabe von Steuererklärungen.
Mit Hilfe eines TCMS sollen Prozesse bestmöglich automatisiert werden. Indem der Zeitaufwand minimiert, die Qualität gesteigert und Fehler bei der Abwicklung von steuerlichen Fragestellungen reduziert werden, steigt die Effizienz. So ermöglicht ein TCMS dem Unternehmen, sich auf seine eigentlichen Geschäftstätigkeiten zu konzentrieren. Vor allem bei Konzernen kann ein einheitliches TCMS zu einem verbesserten und effizienteren Informationsaustausch innerhalb der Organisationseinheiten zu steuerlichen Fragestellungen führen.
Ein weiteres Ziel bei der Einführung eines TCMS ist es, die steuerliche Transparenz zu erhöhen. Das Unternehmen bekommt einen klaren Überblick über seine steuerlichen Positionen, beispielsweise die zu zahlenden Steuern oder die einzuhaltenden Steuergesetze. Dieser Überblick ermöglicht einem Unternehmen, Entscheidungen begründet zu treffen und seine Steuerstrategie effektiv zu planen. Auch die Kommunikation mit den Steuerbehörden wird durch ein TCMS erleichtert, denn das Unternehmen kann dank seines TCMS schnell und präzise Informationen an die Steuerbehörden liefern. Das trägt zur Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen im Steuerrecht bei und verringert das Risiko, bestraft oder sanktioniert zu werden. Darüber hinaus besteht durch ein funktionierendes TCMS die Chance auf eine verkürzte oder vereinfachte Betriebsprüfung.

Relevanz von TCMS für gemeinnützige Unternehmen

Es besteht keine gesetzliche Verpflichtung zur Einführung eines TCMS in einem Unternehmen. Gemeinnützige Unternehmen sind jedoch bei der Erstellung von Steuererklärungen sowie bei der Würdigung von steuerrechtlichen Fragestellungen, zum Beispiel bei Vertragsabschlüssen, verschiedenen Risiken ausgesetzt. Dazu zählen beispielsweise die Anwendung eines falschen Umsatzsteuersatzes auf einer Rechnung oder das Nichterkennen der Steuerpflicht eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs und damit die Behandlung einer steuerpflichtigen Tätigkeit als sei sie steuerfrei. Fehlerhafte steuerrechtliche Einschätzungen können für ein gemeinnütziges Unternehmen weitreichende Konsequenzen haben.
Gleiches gilt auch für die Nichtbeachtung von gemeinnützigkeitsrechtlichen Restriktionen, wie beispielsweise dem in § 55 Abs. 1 Nr. 3 AO kodifizierten Drittbegünstigungsverbot. Ein solcher Verstoß kann beispielsweise vorliegen, wenn ein gemeinnütziges Unternehmen bei Vertragsabschluss mit einem gewerblichen Unternehmen kein fremdübliches Entgelt vereinbart. Das gewerbliche Unternehmen würde in diesem Beispiel durch eine unverhältnismäßig hohe Vergütung durch das gemeinnützige Unternehmen begünstigt werden. Diese Begünstigung stellt einen Verstoß gegen das Drittbegünstigungsverbot dar. Bei Nichteinhaltung der gemeinnützigkeitsrechtlichen Restriktion kann dem Unternehmen im schlimmsten Fall die rückwirkende Aberkennung der Gemeinnützigkeit drohen.
Mit dem Verlust des Status als gemeinnützige Gesellschaft sind entsprechende weitere negative Folgen, wie beispielsweise Steuernachzahlungen, verbunden. Im Rahmen der Einführung eines TCMS kann jedoch ein Mechanismus eingebaut werden, welcher festlegt, wie Verträge vor dem Vertragsabschluss überprüft werden müssen, um steuerrechtliche Risiken zu vermeiden. Vor diesem Hintergrund ist die Implementierung eines TCMS für gemeinnützige Unternehmen stets als sinnvoll zu bewerten, obwohl es keine gesetzliche Verpflichtung dazu gibt.
Auch die Abschaffung der sog. Teilselbstanzeige trägt zur Relevanz der Diskussion darüber bei, ob und wie erforderlich und nützlich ein TCMS ist. Infolgedessen ließ sich eine Zunahme der Weiterleitung von Steuererklärungsberichtigungen zur strafrechtlichen Würdigung an die Straf- und Bußgeldstellen sowie an die Staatsanwaltschaft beobachten. Eine leichtfertige Steuerverkürzung gemäß § 378 AO durch den Steuerpflichtigen kann ein Bußgeldverfahren nach sich ziehen, eine vorsätzliche Steuerhinterziehung nach § 370 AO sogar zu einem Strafverfahren führen. Mit der Implementierung eines geeigneten TCMS kann ein Indiz geschaffen werden, das in einem solchen Fall gegen das Vorliegen von Vorsatz oder Leichtfertigkeit sprechen würde. Eine einfache Korrektur gemäß § 153 AO könnte dann ausreichend sein. Dies befreit den Steuerpflichtigen jedoch nicht von der Prüfung des Einzelfalls.

FAZIT

Die Einführung eines TCMS ist auch ohne gesetzliche Verpflichtung für Unternehmen aus verschiedenen Gründen als sinnvoll zu bewerten. Ein TCMS kann es den Verantwortlichen im Unternehmen erleichtern, relevante Steuergesetze und -vorschriften einzuhalten. Durch einen Kontrollprozess der Erfüllung steuerlicher Anforderungen können finanzielle, politische und strafrechtliche Risiken für das Unternehmen und die verantwortlichen Personen vermieden bzw. begrenzt werden.

Unsere Mandantenzeitschrift Curacontact bietet Ihnen quartalsweise Fachbeiträge zu spannenden und aktuellen Themen aus Ihrer Branche. Sie möchten die Curacontact abonnieren und kostenlos per Post erhalten? Jetzt abonnieren!